Abnabelung

Meine Tochter hält die abgemachten Ausgehzeiten nicht ein. Sieht sie denn nicht, dass ich einfach nur besorgt bin?

Anna (16): Meine Mutter nervt total, wenn ich am Wochenende mit meinen Freunden unterwegs bin. Sie regt sich jedes Mal super auf, wenn ich sie frage, ob ich nicht etwas länger bleiben könnte. Die richtig guten Partys fangen eben erst gegen 23 Uhr so richtig an, vorher ist doch nichts los. Ich muss aber immer schon um 0:30 Uhr zu Hause sein, wenn es grade anfängt etwas lustiger zu werden. Ich fühle mich manchmal schon richtig als Außenseiter, wenn ich so früh nach Hause muss und die Anderen dann am nächsten Tag erzählen, wieviel Spaß sie noch gehabt haben.

Als meine Mutter mir letztens zum hundertsten Mal sagte: „Du weißt ja, dass ich nicht schlafen kann, solange Du nicht zu Hause bist!“ habe ich geantwortet: „Das ist Dein Problem!“ und die Türe zugeschlagen. Jedem seine Aufgabe: Ich muss zur vereinbarten Uhrzeit zu Hause sein und sie muss mit ihrer Schlaflosigkeit fertig werden.

Ich kann ja verstehen, dass sie nicht möchte, dass ich z.B. so spät noch auf den Kirmespartys oder so rumhänge, da sind ja dann auch Kontrollen. Aber wenn wir uns privat treffen, könnte sie mir doch erlauben, dass ich wenigstens bis 1 Uhr oder halb zwei dabei sein darf. Soll sie doch froh sein, dass ich so viele Freunde habe! Das Leben ist an sich schon hart genug. Also ehrlich, das ist echt heavy, wenn du dann auch noch merkst, dass deine Eltern schon Angst kriegen, wenn du dich bewegst.

Der neue Partner meiner Mutter ist da schon was cooler. Ich glaube, der würde es mir erlauben, auch was länger zu bleiben und er traut mir auch zu, dass ich schon ganz gut selbst auf mich aufpassen kann. Aber meine Mutter vertraut mir wohl nicht wirklich und denkt immer, dass mir irgendwas Schreckliches passieren könnte. Aber wenn das so wäre: Schlimme Sachen können doch auch tagsüber oder früh am Abend passieren! Manchmal wünsche ich mir, dass sie auf ihren Freund hört und wir wieder entspannter solche Dinge miteinander besprechen könnten.

Frau N. (38): Es ist immer die alte Leier mit Anna, wenn es darum geht, wann sie am Samstagabend wieder zu Hause sein muss. Sie kommt mit haarsträubendsten Geschichten an, um 30 Minuten rauszuschinden. Als mein Lebensgefährte heute Nachmittag nach Hause kam, hat er nur mit den Schultern gezuckt und gemeint, wir sollten uns doch nicht wegen einer halben Stunde streiten.

Das Schlimmste ist ihr Blick, mit dem sie sich regelrecht lustig über mich macht. Ich bin richtig wütend über meinen Freund, dass er vor meiner Tochter nicht zu mir hält, aber er nimmt das nicht ernst. Er meint nur, ich rege mich über jede Kleinigkeit auf. Das ist aber keine Kleinigkeit!

Das war auch schon mit Annas Vater so, entweder hat er sich aus Allem rausgehalten oder ist mir in den Rücken gefallen! Und ich stehe dann alleine da und würde mir eigentlich wünschen, dass wir entspannter miteinander reden könnten und ich mich nicht so aufregen muss. In Gesprächen mit anderen Eltern höre ich dann doch, dass ich nicht die einzige Mutter bin, die sich manchmal hilflos fühlt mit diesen Pubertierenden und ab und zu die Krise bekommt. Manchmal hätte man ja Lust, Anna mit 18 vor die Türe zu setzen. Ich hoffe, dass wir es am Ende doch noch ganz gut auf die Reihe bekommen. Anna ist ja in der Schule ganz fleißig und geht regelmäßig zum Training. Vielleicht würde ich das Ganze etwas entspannter sehen können, wenn ich wüsste, mit wem sie an den Wochenenden rumhängt. Meine Eltern haben meine Freunde früher immer gekannt.

Erkennen Sie sich wieder? Haben Sie ähnliche Situationen erlebt?

 

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