Beziehung und Kommunikation

Wie vermittle ich meinen Kindern, dass sie mir wichtig sind, auch wenn es manchmal Schwierigkeiten gibt?

Luisa (16): Ich hatte heute einen echt blöden Tag! Ich habe mich mit meinen Eltern und zu allem Überfluss auch noch mit meiner besten Freundin gezofft. Angefangen hat es eigentlich mit einer Kleinigkeit, aber das hat sich jetzt so gesteigert, dass keiner von uns mit dem anderen reden will. Ich muss da jetzt erstmal Dampf ablassen, aber meine andere Freundin hat sich auf ihre Seite geschlagen und meint ich übertreibe.

Anscheinend kann ich sowieso mit niemandem sprechen, ich wollte mit andren schreiben, aber keiner meiner Freunde ist online. Bestimmt sind alle mit ihren tollen Eltern unterwegs, die ihnen nicht so einen Stress machen. Ich könnte kotzen, manchmal fühl‘ ich mich total alleine! Es scheint, bei keinem zuhause so scheiße zu laufen wie bei mir. Ich fühle mich einfach null unterstützt, nicht einmal in den Sachen, die ich eigentlich gut mache, die nimmt keiner wahr. Ich habe gar keine Lust mehr mich für irgendetwas zu bemühen.

Um mich abzureagieren habe ich das Radio angemacht, aber nach zwei Minuten stürmt meine Mutter ins Zimmer und sagt, dass ich den Krach leiser machen soll. Dass sie nie anklopft, nervt tierisch, als hätte ich kein Anrecht auf Privatsphäre! Wir zicken uns dann erstmal an, da ist meine Mutter auch nicht viel erwachsener als ich. Zu einer Lösung führt das aber nie. Klar bedeuten mir meine Eltern noch was. Auch wenn sie das Gegenteil behaupten. Sie verstehen einfach nicht, dass sie mich auch mal in Ruhe lassen sollen. Ich wüsste wirklich gern, ob das bei anderen auch so abläuft wie bei mir. Ich komme mir irgendwie wie ein Einzelfall, wie ein Außerirdischer vor. Manchmal wünsche ich mir eine Maschine, die zwischen meinen Eltern und mir übersetzt, wir verstehen uns einfach nicht.

Ein paar Wochen später passierte dann das Undenkbare! Ich werde nie den Tag vergessen, als meine Mutter endlich mal bei mir im Zimmer vorbeigeschaut hat, um mich zu fragen, wie es mir geht. Seit 1000 Jahren hatte ich darauf gewartet. Wie’s der Teufel so will: Ich wusste nicht, was ich ihr sagen sollte.

Frau R. (41): Meine Tochter und ich konnten früher über alles miteinander reden. Ich habe gemerkt, wenn es ihr schlecht ging oder wenn sie sich wehgetan hat und hatte immer eine passende Lösung parat. Manchmal war es einfach nur notwendig, dass wir miteinander gesprochen haben, oder ich sie auf den Schoß genommen habe, um sie zu trösten. Wir hatten auch viel Spaß und haben viel miteinander gelacht.

In den letzten Monaten hat sich das aber radikal verändert. Ich merke zwar, dass es meiner Tochter nicht gut geht, aber ich habe den Eindruck, als käme ich nicht mehr an sie ran. Es ist fast so, als hätte sie einen hohen Zaun um sich errichtet und das Umfeld noch dazu mit Tretminen ausgelegt. Ich sehe zwar, dass etwas in ihr vorgeht, kann sie aber nicht darauf ansprechen. Sie bekommt regelmäßig Wutausbrüche oder Weinkrämpfe und ich verstehe nicht mal im Entferntesten, wodurch diese ausgelöst werden.

Vor Kurzem habe ich mit einer Bekannten darüber geredet und was mich total überrascht hat, ist dass es bei ihrer Tochter ganz ähnlich verläuft! Dabei hatte ich den Eindruck, dass außer uns niemand solche Probleme hat. Es tut gut zu hören, dass wir nicht die einzigen Eltern sind, die sich manchmal hilflos fühlen mit diesen Pubertierenden und ab und zu die Krise bekommen. Manchmal hätte man Lust, sie sofort mit 18 vor die Tür zu setzen. Vielleicht bekommen wir es am Ende doch noch ganz gut auf die Reihe.

Meine Bekannte hat mir dann geraten, mir in einem ruhigen Moment Zeit zu nehmen und mit meiner Tochter zu reden. Als ich das versucht habe, hat meine Tochter zwar nichts gesagt, aber es gab auch keinen Wutausbruch. Ich hatte fast den Eindruck, dass sie dankbar darüber war, dass ich auf sie zugekommen bin. Ich denke, ich werde das noch öfters versuchen. Wer weiß, vielleicht können wir irgendwann auch wieder miteinander reden.

Erkennen Sie sich wieder? Haben Sie ähnliche Situationen erlebt?

 

Im Download finden Sie das Überlebenshandbuch für Eltern von Jugendlichen, denen die Sicherungen durchbrennen. Dort finden Sie weitere Beispiele von Situationen sowie eine Reihe von Diensten, die Sie unterstützen können.